Wandern - Zeitreise per Pedes im Kufsteinerland
Bergsport zwischen damals und heute - Fünf erstaunliche Unterschiede
In den vergangenen 50 Jahren hat sich der Bergsport stark verändert. Wir machen eine
Zeitreise mit Bergwanderführer Hans Georg Hotter und beleuchten während einer
Wanderung zur Widschwendtalm in Schwoich die fünf gravierendsten Unterschiede
zwischen einer Bergtour in den 70er Jahren und einem sportlichen Höhenflug im Jahr 2020.
Der Gipfel war das einzige Ziel
„Früher war nicht der Weg das Ziel, sondern der Gipfel“, ist Hans Georg Hotter überzeugt. Der passionierte Bergsteiger lebt seit seiner Geburt in Schwoich im Kufsteinerland. Neben seiner Tätigkeit als Bergwanderführer war er Zeit seines Lebens Landvermesser. Eine Arbeit am Schreibtisch hätte er sich nicht vorstellen können, ihn zog es immer hinaus in die Natur. Er wollte das Gebirge mit seinen eigenen Schritten vermessen: „Mir ging es immer um das Erlebnis am Berg. Ich wollte möglichst hoch hinaufkommen und etwas Besonderes wagen.
Heute geht es den Menschen vielmehr um den Sport“, erzählt der Bergwanderführer aus Schwoich. Wandern zählt zu den beliebtesten Freizeitaktivitäten der Österreicher. Jeder Dritte gibt an, dass er sich regelmäßig in der Natur bewegt.
Auch ohne Internet fand man den Weg
Heutzutage beginnt eine Bergtour häufig im Internet. Vor dem Bildschirm checken wir die unterschiedlichen Routen, lassen die Gehzeit berechnen und schauen uns die schönsten Hütten auf dem Weg an. Das alles erledigen wir bequem von zu Hause aus. „Früher hat man irgendwo von einem bestimmten Berg gehört. Man hat erfahren, dass eine Tour besonders anspruchsvoll ist oder eine reizvolle Aussicht bietet. Dann hat man in einem Buch des Alpenvereins nachgeschlagen, dort wurden die Touren sehr detailliert beschrieben“, erklärt Hans Georg Hotter, während er mit uns Richtung Widschwendtalm geht. Bei der Wanderung selbst musste man sich auf eine Karte verlassen. Das Kartenmaterial war sehr genau. Noch heute funktioniert die Wanderkarte auf Papier - auch ohne Handy-Empfang. Die Netzqualität lässt fernab der Zivilisation zu wünschen übrig, deshalb ist eine Wanderkarte auf Papier noch immer empfehlenswert.
Ein persönliches Treffen ersetzte viele Telefonate
Während man heute ganz einfach zum Telefon greifen und seine Freunde zum Wandern einladen kann, war das früher weitaus schwieriger: „Jeden Donnerstag habe ich mich mit Bergkollegen beim Stammtisch in Schwoich getroffen. Dort wurde über alles geredet. Wir haben neue Touren im und rund um das Kufsteinerland geplant und uns alles ausgemacht“, berichtet Hans Georg Hotter. Was beim Stammtisch vereinbart wurde, das hatte Handschlagqualität. „Es gab eine Art Ehrenkodex unter den Bergsteigern“, führt der Bergwanderführer weiter aus: „Wenn man sich zu einer Tour verabredet hat, dann durfte man diesen Gipfel nicht mit einer anderen Gruppe besteigen. Man blieb seinen Bergkollegen treu.“
Auch in den 70er Jahren wurde die Route „getrackt“
Wer heute eine Bergtour antritt, der achtet nicht nur darauf, dass die Wasserflasche gefüllt und der Regenschutz eingepackt ist. Viel wichtiger ist ein voller Handyakku. Denn die sportliche Höchstleistung soll in allen Details festgehalten werden. Verschiedene Apps messen die Geschwindigkeit, die Höhenmeter, die Herzfrequenz und sogar die Körpertemperatur. So kann die Bergtour anschließend in allen Einzelheiten ausgewertet werden. Früher wurden die Wanderungen in einem sogenannten Tourenbuch festgehalten. Hans Georg Hotter blättert durch das kleine rote Büchlein. Mit blauem Kugelschreiber hat er seine Erlebnisse auf dem Berg notiert: „5. Juni 1971 | Goinger Halt | Es war ein schöner Tag - ich werde ihn nie vergessen!“, steht da. Die Schrift ist zwar verblasst, die Erinnerung jedoch nicht. Und mit dem Tourenbuch als Gedächtnisstütze erinnert sich der Bergfex auch fünfzig Jahre später noch an alle Details.
Die Ausstattung war einfach, aber von hoher Qualität
Wer eine Wanderung plant, der kommt unweigerlich an den Punkt, an dem ein Sportgeschäft aufgesucht werden muss. Um viel Geld wird eine vollständige Ausrüstung erworben: Schuhe und Stöcke, Hose und Haube - natürlich alles aus atmungsaktiven, leichten Multifunktionsmaterialien. Erst mit Komplettausstattung fühlt sich der Mensch heutzutage in der Lage, die Berglandschaft zu betreten. Ganz anders früher: Man kaufte sich ordentliche Bergschuhe und vielleicht eine Regenjacke. Ansonsten trug man mehr oder weniger Alltagskleidung: „Früher war man einfach ausgestattet. Am wichtigsten waren die Schuhe, die vergleichsweise teuer waren. Die Bergschuhehatten am Anfang eine genagelte Ledersohle, erst viel später kamen Gummisohlen auf“, erklärt Hans Georg Hotter. In seinem Haus in Schwoich im Kufsteinerland hat er eine kleine Schuhsammlung ausgestellt. Die Schuhe haben ihn auf die höchsten Berge begleitet, deshalb konnte er sich nicht von ihnen trennen. Teilweise sind sie über fünfzig Jahre alt und sie halten noch immer.
Die Faszination der Menschen beim Anblick eines hohen Berggipfels scheint sich nie zu verändern. In schroffem Grau ragen die Felszinnen in den Himmel. „Wolken und Nebelfetzen spielen an den Kaiserwänden fangen“, schreibt Hans Georg Hotter in seinem Tourenbuch. Beim Anblick der imposanten Bergwelt im Kufsteinerland möchte man auch heute noch die Wanderschuhe schnüren. Ob die nigelnagelneuen, atmungsaktiven Multifunktionsschuhe mit Impact Brake System und 2-Zone-Lacing ebenfalls fünfzig Jahre halten werden, bleibt abzuwarten.
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