Kufsteinerland

Happy Birthday - Heldenorgel: Johannes Berger im Interview

Die tönende Kufsteiner Königin wird runde 90 Jahre alt

Kufstein schwelgt im musikalischen Überfluss – jeden Tag spielen die Organisten der Heldenorgel den Einwohnern der Stadt am Inn ein Ständchen. Bei entsprechenden Windverhältnissen kann man das tägliche Konzert 10 Kilometer weit bis auf die Berggipfel des Kaisergebirges und das benachbarte Bayern hören. Die Orgel ist ein Symbol für den Frieden und in Kufstein steht sie für die grenzüberschreitende, verbindende Kraft der Region.

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Der Blick vom Festungsneuhof auf die Festung

Johannes Berger ist, gemeinsam mit drei weiteren Orgelspielern (Werner Reidinger, Manfred Zott und Hans Berger sen.) der offizielle Organist auf der Kufsteiner Festung. Wir durften ihm anlässlich des runden Geburtstags der Orgel - zu deren Einweihung am 3. Mai 1931 sogar der damalige Bundespräsident Österreichs Wilhelm Miklas kam - treffen.

Johannes, kannst du dich bitte kurz vorstellen?

Gerne! Ich komme aus Oberaudorf und bin seit 2009 Hauptorganist an der Heldenorgel und damit auch ‚Kustos‘, also verantwortlich für alles, was die Orgel betrifft. Mit Musik bin ich durch ein musikalisches Elternhaus schon sehr früh in Berührung gekommen. Bald habe ich mit dem Spielen der Tasteninstrumente begonnen – zunächst Klavier, dann Orgel und Cembalo. Nach dem Abitur habe ich in München an der Musikhochschule Konzertfach Orgel, Cembalo und Kirchenmusik studiert, später noch in Amsterdam und Salzburg meine Studien erweitert. Als Organist bin in vielen Ländern solistisch unterwegs, zum Teil auch mit meinem Barockensemble Concerto München, welches ich leite. Für Orchesterprojekte bin ich an der Orgel oder am Cembalo immer wieder bei den Münchner Philharmonikern, beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und anderen Klangkörpern zu Gast. Mit Leib und Seele bin ich Organist der Heldenorgel.

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Kustos und Hauptorganist Johannes Berger

Was ist das Besondere an der Heldenorgel Kufstein? Ist sie anders zu spielen als ‚normale‘ Orgeln?

Die Heldenorgel ist schon absolut einzigartig, vor allem auch in Kombination mit der imposanten stadtbildprägenden Festung. Dort oben im Bürgerturm ist das Pfeifenwerk eingebaut. Durch ihre günstige Lage sind die Orgelklänge je nach Wind- und Wetterverhältnissen sehr weit hörbar. Es ist auch etwas Besonderes, dass der Spieltisch ca. 90m vom Pfeifenwerk entfernt am Fuße der Festung im Festungsneuhof untergebracht ist. Durch die Freiluftsituation klingt die Orgel im Vergleich zu Instrumenten in Kirchenräumen und Konzertsälen viel trockener, da sie keinen Nachhall hat. Grundsätzlich ist es natürlich immer besonders, dass einen so viele Menschen hören können. Man spielt für ein sehr großes Publikum, das man zum großen Teil gar nicht sehen kann.

Wie wählt ihr euer tägliches Programm aus? In den Sommermonaten Juli und August gebt ihr ja täglich sogar 2 Konzerte?

Mir ist generell sehr wichtig, dass die jeweiligen Programme abwechslungsreich sind, so dass möglichst für jeden Zuhörer etwas dabei ist. Häufig nehme ich bei der Auswahl meiner Stücke auch Wünsche verschiedenster Musikrichtungen entgegen. Dadurch, dass sich die Orgel nicht in einer Kirche befindet, bin ich in der Auswahl der Stücke - abgesehen vom Kameradenlied am Schluss -, völlig frei. Die vielen Klangfarben der Heldenorgel eignen sich sehr gut, um vielfältige Programme präsentieren zu können. Vom klassischen Orgelrepertoire ausgehend, über Orchesterwerke, Filmmusik bis hin zu Pop und Rock. Die täglichen Mittagskonzerte sollen die Menschen erfreuen, erbauen und zum Innehalten einladen.

Was spielst du am liebsten auf der Orgel? Ist es das Lied vom Kameraden, das immer den Abschluss der Konzerte bildet? Und warum spielt ihr das eigentlich?

Das wechselt bei mir, was die Lieblingsstücke angeht. Es gibt natürlich welche, die man immer wieder gerne mal spielt und die sich besonders gut für die Heldenorgel eignen. Das Kameradenlied spiele ich eigentlich immer gerne. Ich variiere es jedes Mal und spiele es als eine Improvisation, also ohne vorgegebene Noten. Meist verwende ich dabei auch das Glockenspiel, was auch eine Besonderheit der Heldenorgel ist.
Vor 90 Jahren wurde sie zum Gedenken der Gefallenen und Vermissten des 1. Weltkrieges errichtet, daher auch der Name „Heldenorgel“. Heute wird beim täglichen Spiel der Opfer aller Kriege gedacht. Sie dient gleichzeitig als klingendes Mahnmal für den Frieden und die Völkerverständigung. In diesem Zusammenhang sehe ich die ‚grenzenlose‘ Musikauswahl auch als sehr schönes Zeichen hierfür. Zurecht trägt die Heldenorgel daher auch ihren Beinamen ‚Friedensorgel‘.

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Der Spieltisch an dem Johannes Berger alle Register zieht

Technische Frage – Ist es eigentlich besser, wenn eine Orgel so viele Pfeifen hat? Die Kufsteiner Orgel auf der Festung hat ja stolze 4948 Pfeifen! Angefangen hat es 1931 mit ‚nur‘ 1813 Pfeifen?

Der Unterschied ist insofern, dass wir viel mehr Klangfarben zur Verfügung haben, was natürlich auch mehr Klangfülle bedeutet, je mehr dieser Klangfarben genannt Register beim Spielen verwendet werden. Man kann es sich eigentlich vorstellen wie bei einem Orchester. Je mehr Musiker und Instrumente wir in einem Orchester haben, desto reichhaltiger und vielfarbiger wirken sich die Klangmöglichkeiten aus. Mit den 65 verschiedenen Registern der Heldenorgel bietet sich ein riesiges Spektrum mit unzähligen Kombinationsmöglichkeiten für die Ausgestaltung der Stücke.

Was denkst du würde sich die Heldenorgel/Friedensorgel zum Geburtstag wünschen?

Die Heldenorgel hat schon oft für andere Jubilare gespielt, indem dabei Geburtstagslieder erklangen. Wenn sich unsere ‚alte Dame‘ zu ihrem 90. Geburtstag nun selbst ein Ständchen spielt … ich glaube das erfreut sie!

Super, vielen Dank Johannes!

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