Kufsteinerland

Im Rhythmus des Jahreskreises

Ein Blick zurück auf die Kräuterzeit 2019

Die Kräuterzeit 2019 im Kufsteinerland, wendete sich dem facettenreichen Thema Kräuter und den alten Traditionen zu. Die Kräuterzeit ist eine speziell herausgehobene Zeit, deren Besonderheit darin liegt, alles dem Rhythmus der Natur zu überlassen.

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Die Anpassung an den Jahreslauf fällt in der heutigen Zeit oft sehr schwer. Im hektischen Alltag und in der stressigen Arbeitswelt haben der Wandel von Licht und Schatten wenig Platz. Genau jene Faszination, dem immerwährenden Kreislauf zu folgen, war Impulsgeber für die Kräuterzeit 2019. Die Festung Kufstein mit ihren geschichtsträchtigen Mauern lieferte für die Auftaktveranstaltung zur Wintersonnwende die ideale Kulisse und die beiden Schamaninnen und Naturfrauen Anima und Apura ließen uns eintauchen in die Mystik der Wintersonnenwendrituale mit Feuer, Rauch und Segen.

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Auf der Festung Kufstein wurde die Kräuterzeit eingeläutet

Alles beginnt mit dem Licht. Der Ursprung der Menschheitsgeschichte liegt im Licht, besser, im Streben zum Licht. So wurde kein geringeres Fest für den Kräuterzeit-Auftakt gewählt als die Wintersonnenwende. In dieser längsten Nacht, die schon den Funken von Licht in sich trägt, wurde dieses Fest mit Feuer und Rauch zelebriert. Ab jetzt nehmen die Sonnenstunden wieder zu; in die Kälte und Dunkelheit kommen wieder Wärme und Licht. Das Feuer ist für dieses Ritual unumgänglich. Es zeigt uns Faszination, Ehrfurcht und Verwandlung. Die Faszination, am Feuer zu sitzen und das Abbrennen der Hölzer zu beobachten, lässt uns schon fast in eine Art Trancezustand verfallen, den Kopf befreien von jeglichem Druck – es zählt nur der Moment! Feuer ist auch Verwandlung, wir schauen, wie etwas für uns unwiederbringlich wird. Nichts wird von der Kraft des Feuers verschont und nichts ist mehr wie vorher. Diese Erkenntnis erweckt in uns das Gefühl der Ehrfurcht. Was für uns unkontrollierbar ist, wird freigelegt. Wir werfen durch das Feuer Ballast ab, lassen Unliebsames und Groll verbrennen. Die Befreiung erfolgt durch den Rauch, der mit dem Aufsteigen eine Verbindung zum Göttlichen herstellt. Beim Verbrennen von Harzen und Kräutern öffnen sich deren Seelen um die Botschaften nach oben zu senden. In dieser Wahrnehmung bereiteten wir uns auf die bevorstehenden Raunächte vor.

In allen acht Jahreskreisfesten, davon 4 Sonnen- und 4 Mondfeste, werden Feuer entzündet. So durften wir als nächstes das Mondfest Imbolg, bei uns Lichtmess genannt, feiern. Nach der Winterruhe regt sich wieder Leben im Boden unter der meist noch liegenden Schneedecke. Brigid lässt das Wasser fließen und weckt die Lebensgeister. Ein traditionelles Ritual, dass bei Sebastian Schrödl, Waldpädagoge und Alpenschamane, einen besonderen Platz im Jahreslauf einnimmt. Er zelebriert Lichtmess mit einer stimmigen Art der Kerzenweihe. Viele Teilnehmer aus verschiedensten Kreisen finden sich ein. Es herrscht eine sehr entspannte Atmosphäre vor dem Ritualhaus, da jeder herzlich vom Gastgeber begrüßt wird. Hier sind seine Wurzeln, seine Heimat. Man spürt die Kraft, die von ihm und von diesem Platz ausgeht. Den genauen Ablauf sollte jeder selber erleben, das hier zu schildern, würde den Rahmen des Artikels sprengen.

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Waldpädagoge und Alpenschamane, Sebastian Schrödl

Jetzt wandern wir in die erwachende Phase, nichts ist mehr aufzuhalten, die Natur sprüht nur so voller Lebenskraft. Die Kraft der Sonne nimmt zu und das nächste Sonnenfest – Ostara – liefert uns schon eine bunte Leuchtkraft der frischen Farben des Frühlings und der gefärbten Ostereier. In der Kräuterzeit begannen die Frühlingskräuterwanderungen mit unseren Kräuterexpertinnen. Auch die Zubereitung einer Gründonnerstagssuppe durfte nicht fehlen, diese treibt die letzte Müdigkeit endgültig aus unseren Gliedern und lässt die im Winter geschmiedeten Pläne in Taten umsetzen. Ostara, die Tag- und Nachtgleiche, hat keltische sowie christliche Tradition, ein besonderes Fest, an dem die Tage wieder länger werden. Osterfeuer werden entzündet, das Licht in die Osternacht gebracht. Das ist immer am ersten Sonntag nach dem Frühlings- Vollmond. Ein Highlight in diesem Jahreskreisabschnitt war sicher auch der Lebensweise Kongress, u.a. mit Vorträgen von Timm Koch und Bruno Weihsbrodt und zahlreichen Marktständen.

Beltane, das keltische Maifest zum 5. Vollmond, wird mit einem Freudenfest gefeiert. Wir können in der Natur eine starke Kraft spüren. Der Wonnemonat macht alles neu, es ist die Zeit der Lebensfreude und Fruchtbarkeit. Als Symbolkraft dafür wird in unseren Breiten traditionell in der Nacht auf den 1. Mai ein Maibaum aufgestellt. Der Baum verkörpert u.a. auch die Trilogie: die Wurzeln stehen für die Unterwelt, der Stamm für die Menschheit und die Krone für die Götterwelt. In diesem Brauchtum dominiert unverkennbar das „Männliche“, aber die Walpurgisnacht wird genauso gefeiert. Diese Nacht gilt als Freudenfest mit großem Feuer, um das getanzt, mit dem Besen Altes weggekehrt und Neues geschaffen wird. Wir dürfen Freude empfinden und müssen nicht funktionieren. Wichtig sind die Kräuter, die uns Kraft schenken, Wünsche umzusetzen: Frauenmantel, Gundelrebe, Brennnessel, Löwenzahn… Der Aufbruch der Natur versetzt auch uns in den Tatendrang. Dieses Ritual wurde von Sebastian Schrödl und von einigen unserer Kräuterexpertinnen zelebriert.

Zum Sonnenfest der Sommersonnenwende möchte ich auf meinen Blog vom Juni 2019 verweisen! In diesem wird über Brauchtum und Rituale ausführlich berichtet.

Kräuterweihe, Maria Himmelfahrt, Lughnasadh, Lammas, Augustmond, alles Begriffe für die Feier der Mitte zwischen der Sommersonnwende und Herbst-Tag- und Nachtgleiche. Auch Schnitterfest ist geläufig: dieser Name rührt von der Ernte der Kräuter und des Kornes mit einer Sichel her. Es ist jetzt auch die Zeit, bei uns selber einen Schnitt zu machen und für innere Ordnung und Klarheit zu sorgen. Die Fülle, die uns die Natur bietet, soll auch uns innerlich erfüllen, sich genährt und lebendig zu fühlen. In unserer Tradition ist die Hoch-Zeit der heilsamen Kräuter, die an Maria Himmelfahrt am 15. August zu kunstvollen Sträußen gebunden und anschließend zur Kräuterweihe gebracht werden. Diese Kräuterbuschen beinhalten eine ungerade Zahl wertvoller Kräuter, die für die Familie während des Jahres in der Hausapotheke Verwendung finden. Bei den Bauern werden die Kräuterbuschen des Vorjahres traditionell an den drei Rauhnächten Heilig Abend, Sylvester und Hl. Dreikönig an das Vieh verfüttert, dieses soll angeblich zu Mitternacht danach zu sprechen beginnen. Natürlich ist es ein Schutz gegen Krankheit und Unheil im Stall und im Haus, da diese besagten Kräuter, vermischt mit Harzen auch für das Räuchern in den Raunächten verwendet werden. Auch bei einem anbahnenden Gewitter werden die Wetterkräuter ins Feuer geworfen.

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Zeit der Kräuterweihe

Unser Höhepunkt in der Kräuterzeit im Kufsteinerland war in diesem Hochsommer das Kräuterzeit Symposium in Thiersee. Diese Veranstaltung war Pflichttermin für alle Kräuter- und Naturfreunde. Es waren hochkarätige Experten geladen, die an zwei Tagen ihr Wissen in Form von Vorträgen und Workshops weitervermittelt haben. Weiters gab es beim Passionsspielhaus Thiersee noch den Kräutermarkt mit sehr interessanten Ausstellern. Für die Besucher war es ein tolles Highlight, neben den impulsiven Referenten noch handgefertigte Besonderheiten, Kräuterschätze, Öle, Bücher und viele Produkte zum Thema Gesundheit und natürliche Lebensführung zu erwerben. Bei traumhaftem Wetter fanden diese zwei Tage einen krönenden Abschluss mit einem Feuerritual mit Cornelia Miedler, das viele Teilnehmer in ihren Bann zog. Für alle, die dabei waren, wird es als ein besonderes Erlebnis in Erinnerung bleiben.

Das nächste besondere Fest im Jahreskreis ist das Sonnenfest Erntedank, Mabon, Herbst-Tag- und Nachtgleiche. Speziell bedeutsam, wenn man das Wunder des Aufblühens, Wachsens, Gedeihens und Heranreifens selbst erleben darf, wird die Dankbarkeit für die Ernte noch bewusster. In unseren Regionen übernimmt meist die Landjugend/Jungbauernschaft die Gestaltung dieser Feste. Als großes Zeichen der Dankbarkeit über die gute Ernte werden auf Wägen Obst- und Gemüse präsentiert, die durch festliche Umzüge durch den Ort zur Weihe gebracht werden. Einen weiteren Anlass zur Dankbarkeit bringt der traditionelle Almabtrieb. Das Vieh wird „aufgebüscht“, d.h. mit kunstvollem Blumenschmuck fesch gemacht für die Heimkehr von der Alm ins Tal. Die Vegetation auf den Almen geht dem Ende zu, dies fällt auch genau in den Zeitraum von „Michaeli“ (Erzengeltag 29.9.). Gefeiert wird auch hier mit Festen, kulinarischen Genüssen und Musik. Für uns Menschen ist jetzt wichtig, inne zu halten und das besonders farbenprächtige Licht vom Herbstzauber in uns aufzunehmen, um für die bevorstehende dunklere Zeit gerüstet zu sein. Wir ziehen Bilanz, wie gut unsere persönliche Saat aufgegangen ist. Schön ist, wenn wir tiefe, gereifte Freude empfinden können und auch Dankbarkeit, was wir alles schaffen durften. Das Loslassen rückt in den Fokus, so wie die Natur es vormacht.

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Erntedank, die Zeit der Fülle

Mit Allerheiligen, Samhain, vollenden wir den Jahreskreis, mit einem Mondfest, das als einziges im Neumond steht, was auf die Symbolik der Dunkelheit hinweisen soll. Samhain steht als dunkler Pol des Jahres, Beltane, dem hellen Pol gegenüber. Die Natur nimmt vorübergehend Abschied vom Leben. Wenn wir diesem, von der Natur vorgegebenen, Rhythmus folgen, so finden auch wir diesen Rückzug aus dem Geschehen sehr wohltuend. Die Themen Abschied, Loslassen, Tod, aber auch Hoffnung setzen Impulse zum Nachdenken. Diese sollen uns aber nicht düster oder ängstlich stimmen, sondern als wertvolle Zeit zum „Sinnieren“, in die Stille zu gehen, genützt werden. Der November ist auch eine Zeit der Mythen und Rituale, so fällt auch das beliebte Martinsfest in diese dunkle Zeit, das mit den vielen hellen Laternen und den Kindergesängen Licht und Hoffnung bringt. Das Beispiel vom Teilen ist in der Vorweihnachtszeit eine gute Anregung, zu überdenken, was einen vom materiellen Besitz eher belastet als guttut und wieviel man eigentlich wirklich braucht für ein glückliches und zufriedenes Leben.

Somit schließt sich der Kreis mit dem Ritual der Wintersonnenwende 2019 wieder auf der Festung Kufstein mit sehr vielen Besuchern und toller Gestaltung der beiden Expertinnen Apura und Anima.

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