Anfängliche Sprachbarrieren einer „Zuageroastn“
Oder: Wie ich das Tirolerisch in mein Herz schloss
Der erste Tag in Tirol, der erste Tag am neuen Arbeitsplatz. Neue Kollegen, neue Aufgaben und oben drauf noch eine neue Sprache. Die Taktik: Konzentrieren, genau hinhören und nachfragen, wenn ich etwas Essentielles nicht verstanden habe. „Wie bitte?“ frage ich unseren Außendienstmitarbeiter gleich am ersten Tag. Es ist aussichtslos, ich verstehe kaum ein Wort des Schwoicher Ureinwohners. „Des hoaßt net wie bitte?, des hoaßt ha?‘“, kontert er auf meine höfliche Frage. So läuft das hier also.
Griaß-di, Kasspressknedl, hot’s gschmeckt?, pfiat-di
Na gut, dank meiner langjährigen Urlaubserfahrung in der Tiroler Bergwelt waren mir zumindest die geläufigsten Wörter nicht ganz fremd. Begrüßen und Verabschieden konnte ich mich also und verhungern musste ich auch nicht. Dass ein Kaffee nicht Kaffee heißt, sondern Verlängata und Marillen nicht Marillen, sondern Marün, daran gewöhnte ich mich schnell. Aber was sind denn jetzt schon wieder Goggelen und was bedeutet es, wenn die Kollegin gegenüber Hardigatti ruft? Sicher nichts Gutes.
Rauf oder runter, wohin denn nun?
Problematischer waren die Sprachbarrieren beim Wandern in den Bergen. Wenn man den Unterschied zwischen rauf und runter nicht versteht, kann die Tour schon mal ganz woanders enden, als geplant. Aui, umi, außi, ochi, entn? Ist doch ganz einfach, denkt sich der Tiroler: Rauf, rüber, hinaus, runter, drüben. Gut, dass ich zumindest verstand, was grodaus bedeutet. Wusste ich erst mal wo es lang geht, ergab die Frage nach dem Schwierigkeitsgrad einer Wanderung noch mehr Fragezeichen. Des isch bärig, des isch schian, konnte ich gerade noch als etwas Positives interpretieren, aber was soll ich mir unter schiach und zach vorstellen? Der Mimik meines Gegenübers nach zu urteilen: Kondition und Trittsicherheit erforderlich.
Vorsicht beim Flirten
Mädels, ergreift nicht gleich die Flucht, wenn euch ein Tiroler Bua Schmotzgoggl ins Ohr säuselt. Auch wenn es nicht so klingt, es ist ein Kompliment und bedeutet so viel wie wunderbares Mädchen. Und Jungs, nicht die Stirn runzeln, wenn euch ein Tiroler Madl sagt du gfoist ma – keine Angst, sie ist nicht betrunken, sie möchte nur ihre Zuneigung ausdrücken. Egal ob Madl oder Bua – wie überall sind trotschn (quatschen) und losn (zuhören) der erste Schritt zum Kennenlernen. Und wenn es dann funkt, spricht der Tiroler vom damisch sein – man ist durch den Wind.
Verschtehsch du mi?
Nach dem ein oder anderen Missverständnis bei dem mich entweder die Tiroler nicht verstanden oder ich die Tiroler nicht verstand, bin ich mittlerweile für die meisten Alltagssituationen gewappnet. Meinen Kollegen, die immer wieder ins Hochdeutsche übersetzen und den herzlichen Tirolern, die zumindest versuchten, langsamer zu sprechen, sei Dank. Irgendwann habe ich den Dialekt ins Herz geschlossen, er passt einfach zu den Tirolern und ihrer Bergwelt. Urig, authentisch und irgendwie liebenswert – auch wenn man nicht immer weiß, was es bedeutet. Mittlerweile verstehe ich das meiste. Tirolerisch sprechen kann ich noch nicht.
Froagts mi in a poar Johr nu moi.
2 Kommentar(e)
Rosmarie Gunitzberger
17.04.2019 - 11:39 Uhr
Willkommen im Club! Sehr nett geschrieben, wie deine anderen Blogs auch!
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31.05.2024 - 19:32 Uhr
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