Eine barocke Schönheit und ihre interessante Geschichte:
die Ebbser Pfarrkirche
Die einen haben ein Faible für schöne Kleider, die anderen für Autos und ich für Kirchen. Ob groß oder klein, sind sie auch noch so versteckt, ich finde sie immer! In Ebbs braucht man aber nicht lange zu suchen. Die schöne Pfarrkirche ist nicht zu übersehen. Dieses imposante Bauerwerk fasziniert mich schon lange. Zu Recht wird die Pfarrkirche zu Mariä Himmelfahrt als „Unterinntaler Dom“ bezeichnet und gilt als eine der besten Schöpfungen barocker Baukunst in Nordtirol. Daher war es naheliegend, dieses Meisterwerk einmal genauer „unter die Lupe“ zu nehmen.
Zuerst stellte ich mir die Frage: Welcher Diözese ist die Kirche überhaupt zuzuschreiben und wer hat sie gebaut?
Diözesanregulierung und die Zugehörigkeit der Ebbser Kirche
Das führt mich zurück in die Zeit des frühen Mittelalters, als man 739 n.Ch. die Diözesangrenzen festlegte: Dafür wurde das Zillertal geteilt, der Zillerfluss diente als Grenze: das Land östlich der Ziller und südlich des Inns wurde dem Bistum Salzburg zugeteilt, westlich davon dem Bistum Brixen. Diese Grenzziehung ist auch der Grund, warum es rote und grüne Kirchtürme gibt. Jene Türme, die dem Bistum Salzburg unterstellt sind, schimmern heute wegen der kupfernen Schindeln in edlem Grün. Die Turmdächer der ehemaligen „Brixener Seite“ hingegen sind rot. Salzburg hatte einfach mehr Geld und Kupfer stand für Reichtum!
Zurück zu Ebbs: Im 8. Jahrhundert gehörte Ebbs zu Bayern, das von einem Herzog regiert wurde. In Ebbs herrschte das reiche und mächtige Adelsgeschlecht der Aribonen. Diese Großfamilie stiftete viele Klöster und Gotteshäuser, unter anderem auch die Ebbers Kirche. Ebbser Grund und Boden samt Kirche schenkten sie dann dem Bistum Salzburg. In der sogenannten „Notitia Arnonis “, einem Verzeichnis der zur Diözese Salzburg gehörenden Besitzungen, wurde also Ebbs erstmalig 788 erwähnt.
Aus den Analen geht auch hervor, dass die Pfarre Ebbs fast 1000 Jahre Ur- und Mutterpfarre für Kufstein, Niederndorf und Walchsee war, ehe diese ab Ende des 18. Jahrhunderts zu eigenständigen Pfarren wurden. Die Zugehörigkeit dieser drei Filialkirchen zur Mutterkirche Ebbs war aber mit allerlei Pflichten verbunden.
Der Käslaib und seine Bedeutung für die Abhängigkeit zur Mutterkirche
Nur langsam wurde dieses Abhängigkeitsverhältnis Filialkirche – Mutterkirche gelockert. Vor allem reduzierte man die Anzahl der Feiertage, an denen alle Einwohner den Gottesdienst in Ebbs besuchen mussten. In Überlieferungen ist auch zu lesen, „dass man die Christmette nicht früher beginnen konnte, ehe sich der entfernteste Bauer, der Gründler aus Walchsee, mit einem Käslaib in der Sakristei eingefunden hatte“.
Wie auch am Beispiel der Ariboner ersichtlich, war es im Mittelalter üblich, dass wohlhabende Leute der Kirche allerlei spendeten: das ging von Kerzen, Altäre, bis hin zu Kapellen oder Kosten für Priester und Mesner. Solche Spenden waren auch ein Mittel, um sich von der Abhängigkeit der Mutterkirche „freizukaufen“. Die Niederndorfer waren die ersten, die sich 1786 von Ebbs loslösten. Grund dafür ist wahrscheinlich ihr Bittgesuch an die Erzdiözese, nachdem es an Messstiftungen eher mangelte. So ist zu lesen: „Der Kooperator kommt – vor allem bei Regenwetter - zu spät oder die Niederndorfer müssten in der Ebbser Kirche stehen, da die Stühle den Ebbsern vorbehalten waren“….. Die Liste lässt sich noch weiter fortführen.
Gotische Pfarrkirche mit dem ehemaligen Postwirt und dem Schusterhäusl
Begeben wir uns wieder zurück ins Mittelalter. Vom ersten frühmittelalterlichen Kirchenbau aus Holz sind heute kaum bauliche Strukturen vorhanden. In der Mitte des 12. Jahrhunderts errichtete man aber einen heute noch nachweisbaren Steinbau.
Später wurde die Kirche im Stil der Gotik umgebaut. Dank eines Votivbildes, das in der St. Nikolaus Kirche hängt, weiß man, wie die Kirche damals aussah. Das Stifterehepaar Simon Laimbinger und Anna Hellin, das kniend im Vordergrund zu sehen ist, bittet die Muttergottes und den Heiligen Nikolaus gegen die Wassergefahren um Hilfe. Die beiden Häuser im Hintergrund sind links der ehemalige Postwirt und rechts das Schusterhäusl (heute Ankerhaus).
Bugetverfehlung und Gott als Retter in der Not
Wie viele Tiroler Kirchen wurde auch die Ebbser Kirche Mitte des 18. Jahrhunderts barockisiert. Zu diesem Zwecke wurde die gotische Kirche bis auf Teile des Turms komplett abgetragen. Baumeister war der aus Bayern stammende Abraham Millauer, „Meister Abraham“, wie er genannt wurde. Veranschlagt wurden für den Kirchenneubau rund 9.000 Gulden. Aber nach Abschluss der Arbeiten belief sich die Summe auf 32.000! Also diese „Budgetverfehlung“ ist nicht nur eine Erscheinung der heutigen Zeit…
Einer Sage nach hat sich der Baumeister auf Grund der Größe der Kirche verkalkuliert. Als ihm Mitten im Bau die Steine ausgingen, flehte er Gott um Hilfe. In derselben Nacht löste sich eine Steinlawine vom Zahmen Kaiser und lieferte damit das Baumaterial sozusagen „frei Haus“.
Die Schlichtheit der Fassade verrät nichts über die Farbenpracht des Innenraumes
So nüchtern und schlicht die Kirche außen ist, umso imposanter und farbenprächtig ist sie innen. Besonders hervorzuheben sind die Bildszenen der Deckenfresken von Josef Adam Mölk. Jene im Mittelgang zeigen vorwiegend Motive aus dem Leben Marias. Auch der Hochaltar mit dem Gnadenbild Unserer Lieben Frau von Ebbs in der Mitte ist eine wahre Pracht. Die geschnitzte gotische Madonna mit Kind stammt wahrscheinlich aus dem 15. Jahrhundert.
Der Inn als mächtige Gefahr als Fresko
Ein Fresko über der Empore zeigt die barocke Kirche samt Inn, der damals direkt an der Friedhofsmauer vorbeiführte. Der Inn war nicht nur wichtiger Verkehrsweg, sondern barg auch viele Gefahren. Daher ist es nicht verwunderlich, dass man an vielen Stellen in und um Ebbs auf den böhmischen Heiligen Johannes Nepomuk trifft. Er ist Schutzpatron gegen Wassergefahren und ziert die Westfassade der Ebbser Kirche. Auch im Inneren ist er am nördlichen Beichtstuhl anzutreffen.
Ich kann nur jedem einen Besuch in der Ebbser Kirche empfehlen. Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Kunstsinnigen bestaunen das Innenleben dieser barocken Schönheit. Die Gläubigen halten inne, suchen das Gebet, tanken Kraft und fühlen sich wie damals die Menschen des 18. Jahrhunderts „im himmlischen Jerusalem“. Und da gibt es noch etwas: einen Gottesdienst besuchen. Diese Möglichkeit steht jedem offen!
Vielleicht haben auch Sie jetzt ein Faible für Kirchen?
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